Total begeistert ist Karibu-Vereinsvorständin Nicola Haupt vom Schokoladenhersteller fairafric und dessen Produkten. Genauer: Sowohl von der dafür angewandten Kakao-Anbau-Methode Agroforst (s.u.), als auch davon, dass die komplette Wertschöpfung im Land, also Ghana, bleibt. Plus, das süße Resultat ist klimapositiv. Schokoladen von 42 bis 92 Prozent Kakaogehalt bietet der Hersteller an. Mal cremig mit Cashew-Kernen, mit Kakao-Nibs oder auch mit Fleur de Sel (also salzig). Bei uns im Laden zu erstehen für 3,50 € die bio-zertifizierte Tafel. Hinzu kommen mit Schokolade ummantelte Ananas, Mango- und Kokosbällchen. Vertrieben an erster Stelle in Deutschland und an zweiter in Ghana selbst.
Nun haben wir in unserem Quartalsnewsletter schon öfter von fairafric berichtet. Weil der westafrikanische Schokoladenhersteller seine Erfolgsgeschichte aber weiter fortgeschrieben und zudem Ladenmitarbeiterin Haupt auf unserem Juli-Plenum einen Vortrag darüber gehalten hat, hier die wichtigsten aktuellen Fakten und Details:
Deutschland Weltmeister in Schokoladen-Konsum
Zunächst einmal: Der Konsum an Schokolade in Deutschland ist so hoch wie nirgendwo sonst. Elf Kilogramm pro Kopf und Jahr verbrauchen wir hier. 70 Prozent des enthaltenen Kakaos werden in Westafrika angebaut. Macht einen Umsatz von 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Lediglich fünf Prozent davon kommen jedoch in Afrika an. An dieser Schieflage ändern laut fairafric weder Fair Trade noch das – zuletzt von der deutschen Regierung wieder infrage gestellte – Lieferkettengesetz etwas. Als 2016 die ersten Schokoladen vom Chocolatier in Ghana vom Band liefen, stand daher eine Vision von Gründer Hendrik Reimers dahinter: „Use business to end poverty“. Also das Geschäft nutzen, um die Armut zu beenden. Erschaffen wollte er dafür 10.000 klimafreundliche Arbeitsplätze in Afrika. Und zwar, indem dabei neokoloniale Strukturen durchbrochen werden und die Wertschöpfung im Land etabliert wird. In den englischen Kolonien war es regelrecht verboten, auf dem Kontinent produzierte Rohstoffe weiterzuverarbeiten. Kurzum, es ging Reimers in jeder Hinsicht um eine nachhaltige Entwicklung. Produziert wurde zunächst noch mit Schweizer Maschinen aus den 50er Jahren, die er in Ghana vorfand. Alles Weitere um Fertigung und Infrastruktur musste erst aufgebaut werden. Das nötige Geld dafür bekam er über crowdfunding von privaten Investor*innen und über den Verkauf der Schokoladen. Auch die GLS-Bank und die deutsche Entwicklungsgesellschaft steuerte bei.
Bereits fünf Jahre später, also ab 2021, fertigte Fairafric in einer eigenen solarbetriebenen Fabrik in Amanase mit modernen Maschinen. Ein regionaler Bautrupp hatte sie hochgezogen. Sogar die Laborkittel wurden und werden vor Ort geschneidert. Die Kantine beliefern lokale Kakaobauern und -bäuerinnen mit ihren Feldfrüchten. Das bedeutet, sie können vielfältigere Einkommensquellen erschließen. Und seit 2022 gibt es außerdem eine unternehmenseigene Chocolaterie-Schule. Zu dieser Zeit hat fairafric bereits 50 Angestellte. 40 Prozent des Teams sind Frauen. Auch in den Führungspositionen sind die weiblichen Kräfte mit den männlichen fast gleichauf. Insgesamt sind mit dem Schokoladenhersteller 1000 neue Arbeitsplätze in der Region verbunden: Pro einem Job, in dem Agrarprodukte weiterverarbeitet werden, entstehen 2,8 Jobs in Zulieferbetrieben in Afrika. Anstatt 6 bis 8 Cent vom Verkauf einer in Europa produzierten Schokoladen mit ghanaischem Kakao bleiben so von in Afrika produzierter Schokolade 60 bis 80 Cent auf dem Kontinent.
Agroforst bringt hohen Ertrag
Noch einmal vier Jahre darauf entstand die „Road to climapositive chocolate“: Der Kakao wird biodynamisch mittels der dynamischen Agroforst-Methode (DAF, dynamic agroforest) angebaut. Diese funktioniert in mehreren Schichten. Als erstes werden bodennahen Cassava-Büsche, Yams-Wurzeln und Kochbananen angebaut. Darüber, beziehungsweise daneben stehen Kakaobäume, die Schattengewächse sind. Überschattet werden sie von Cashew- und Mango-Bäumen. Und als vierte und letzte Schicht pflanzen fairafric Bäuer*innen Urwaldbäume und Kokospalmen an. Bedeutet: In einem regenerativen System ergänzen sich die Pflanzen gegenseitig nach den Prinzipien des Regenwaldes. Der Boden wird fruchtbarer und kann mehr Wasser speichern. Dadurch sind die Kakaobäume resistenter gegenüber Dürre. Außerdem kann der Boden mehr CO² aufnehmen. Der CO² Fußabdruck jeder Tafel wird vierfach im Boden der Farmen gespeichert. Durch den Anbau verschiedener Pflanzen können die Farmer*innen zudem ihr Einkommen diversifizieren. Das heißt, beispielsweise Bananen verkaufen oder aus zu Asche verbrannten Kakaoschoten Seife herstellen. Somit sind sie nicht nur vom Kakao abhängig. Auch kommt die Süßigkeit mit dem Schiff nach Deutschland anstatt mit dem Flugzeug. Und die Folie in der Papp-Verpackung der Schachteln besteht aus Holzzellstoff, der aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt und sogar im hauseigenen Kompost biologisch abbaubar ist.
Auf der Fair Trade Ebene zahlt fairafric seinen Mitarbeiter*innen mehr als den ghanaischen Mindestlohn. Ihre ganzen Familien sind krankenversichert. In der Kantine gibt es subventioniertes Essen. Die Arbeiter*innen werden kostenlos mit Bussen abgeholt. Und zu guter Letzt: Das gesamte Management-Team besteht aus Ghanaer*innen. Allgemein hat fairafric das Ziel, das Leben der Kakaobäuer*innen zu verbessern. So werden sie auch am Gewinn des Start-Ups beteiligt und erhalten Bio-Prämien für den ökologischen Anbau. Heute arbeitet das Unternehmen mit 1500 von ihnen zusammen. Kinderarbeit ist außerdem Tabu. Insgesamt ist soziale Verantwortung von Anfang an Teil der Fabrik, die fest in ghanaischer Hand ist. Auf den Punkt gebracht: „Die Wertschöpfung ist das fehlende Puzzleteil zu wirklich fairem Handel“, wie es in einem der unten aufgeführten Filme heißt.
Mit diesem Mix hat es fairafric entgegen dem herrschenden Weltmarkttrend, dass Schokolade im End-Verbrauch teurer wird, zuletzt sogar geschafft, seine zunächst gestiegenen Preise senken zu können. (Wir berichteten.) Denn insbesondere durch klimakrisenbedingte Missernten und Spekulation an den Börsen gestiegene Rohstoffpreise konnten dem ghanaischen Schokoladenhersteller mittelfristig nichts anhaben. Und so konnte das Karibu-Ladenteam auf seinem Plenum beruhigt und bewundernd die von Kollegin Haupt zum Probieren gereichten fairafric-Schokoladenstückchen genießen.
Quellen zum Weitergucken: