Vernetzungstreffen sind ein Herzstück der Weltladenarbeit. Sie bieten Raum sich auszutauschen, gegenseitig zu inspirieren und sich kollegial beraten zu lassen – über alltägliche Fragen im Laden ebenso wie über große entwicklungspolitische Themen. Die Regionaltreffen werden vom Verein Weltläden in Hessene.V. (WLH) organisiert und begleitet. Sie stärken das Gefühl, Teil einer gemeinsamen Bewegung zu sein.
Zuletzt haben sich unter der Organisation vom Verein Weltläden in Hessen e.V. im April wieder rund 22 Personen aus sieben nordhessischen Weltläden zum nordhessischen Regionaltreffen eingefunden. Diesmal im Weltladen Tintaya in Hofgeismar. Fairhandels-Beraterin Christine Feiler bestätigt den Nutzen und das Ziel der Vernetzung: „Ziel dieser Treffen war und ist es bis heute, den Austausch unter den Weltläden zu fördern, gemeinsame Herausforderungen zu besprechen und voneinander zu lernen“, erklärt sie. Weltläden seien oftmals kleine, lokal verankerte Initiativen. Durch die Vernetzung auf Landesebene könnten sie sich gegenseitig stärken, Wissen teilen und gemeinsame Positionen entwickeln. WLH organisiert auch Vernetzungstreffen für die mittelhessischen und südhessischen Weltläden. Und zwar zweimal im Jahr.
So erlebte auch die Verfasserin dieses Artikels bei zwei früheren nordhessischen Treffen: Schnell wurde deutlich, dass viele Weltläden ähnliche Herausforderungen teilen – etwa beim Generationenwechsel im Team. Der demografische Wandel macht auch vor dem Fairen Handel nicht halt, und vielerorts fehlt es an belastbaren jüngeren Ehrenamtlichen. Umso wertvoller ist es, sich in solchen Runden offen austauschen zu können, voneinander zu lernen und zu spüren: Wir sind mit unseren Fragen und Sorgen nicht allein.
Aber auch in anderen Bundesländern finden regelmäßige Regionalkonferenzen und Vernetzungstreffen statt. Das nächste nordhessische in Kürze im Herbst – voraussichtlich im November. (Genaueres zeitnah hier.) Allerdings online. Im Zuge der „Coronaisierung“ von Arbeit waren die Treffen notgedrungen digitalisiert worden. Das wurde dann nach Feiler in Absprache mit den Weltläden für die Herbstzusammenkünfte beibehalten. Zumal sich am Jahresende oft Termine stauten. „Die Geschichte der hessischen Vernetzungstreffen reicht jedoch weiter zurück: Sie haben ihren Ursprung in der mittelhessischen Weltladenarbeit der 1990er Jahre. Damals begannen sich Engagierte rund um den Weltladen Marburg regelmäßig mit anderen Läden der Region auszutauschen“, erzählt sie.
Alles begann in Marburg
Bereits 1999 organisierte Johannes Lauber – damals im Weltladen Marburg aktiv – das erste gesamthessische Vernetzungstreffen. „Es war ein bewusst offenes Format, das auch politische Akteur*inneneinbezog: Im Rahmen des hessischenLandtagswahlkampfs diskutierten Kandidatinnen verschiedener Parteien mit Weltladen-Engagierten über globale Gerechtigkeit und faire Handelsstrukturen“, so die Mitarbeiterin von Weltläden in Hessen e.V. Und weiter: „Mit der Zeit wurde die Struktur weiterentwickelt: Ab 2006 gab es dokumentierte Treffen im damaligen GEPA-Regionalzentrum in Alzenau. Ab 2010 wurde das Format auf drei Regionen aufgeteilt – Nord-, Mittel- und Südhessen –, um noch gezielter auf regionale Themen und Bedarfe eingehen zu können.“
Parallel dazu reifte die Idee, eine professionelle Unterstützung für Weltläden in Hessen aufzubauen. In der Folge wurden nicht nur die Treffen verstetigt und regional ausdifferenziert, sondern auch die Grundlagen für die spätere Fairhandels-Beratung gelegt. 2006 wurde schließlich die erste Beratungsstelle eingerichtet – zunächst angesiedelt beim Weltladen Marburg, später institutionell getragen vom Verein Weltläden in Hessen e.V., ist von ihr zu erfahren.
Heute sind die Treffen fester Bestandteil der Arbeit von WLH: „Im Frühjahr steht meist die Vorstellung der Weltladentags-Kampagne im Mittelpunkt. Im Herbst widmen wir uns aktuellen entwicklungspolitischen oder weltladenpraktischen Themen, die von den Teilnehmenden selbst eingebracht werden wie Fragen zu Lieferketten, Bildung oder gesellschaftspolitischem Engagement.“ Die hohe Beteiligung zeige, wie wichtig dieser regelmäßige Austausch für die Weltladenarbeit in Hessen ist, fährt die Fair-Handels-Beraterin fort.
Mittlerweile hat sich diese Form der Vernetzung in Hessen etabliert und wird laut Feiler stark nachgefragt. In anderen Bundesländern werden sie mal von den Landesnetzwerken organisiert, mal von der Fair-Handels-Beratung. Die Treffen werden immer von einer Mitarbeiterin von Weltläden in Hessen e.V. moderiert – idealerweise gemeinsam mit einer zweiten oder dritten Kollegin, um fachliche Impulse zu setzen, Rückmeldungen aufzufangen und dokumentierend zu begleiten. Unabhängig davon freut sich der Verein, wenn auch die teilnehmenden Weltläden mit mehreren Personen aus ihren Teams anreisen – so kann der Austausch im eigenen Laden im Nachgang noch wirksamer weitergetragen werden.
Zuletzt hat Christina Schlag, Projektmitarbeiterin bei WLH, die Moderation in Hofgeismar übernommen. „Der Austausch war sehr lebendig, insbesondere zur geplanten Kampagne um die dramatischen Folgen des Klimawandels für den Kakaoanbau: Sinkende Erträge bedrohen das Einkommen vieler Kakaobäuer*innen – faire Preise für Schokolade machen hier den Unterschied! Auch persönliche Herausforderungen und Erfahrungen fanden Raum“, resümiert meine Interviewpartnerin. Sie freut sich schon auf das nächste Treffen.