„Wir waren von Anfang (2008, d. Red.in.) an der Meinung, das zum Fairen Handel auch gehört, heimische Produzent*innen zu unterstützen und zu fördern. Dabei lag der Schwerpunkt auf regionaler Entwicklung, Nachhaltigkeit und Ökologie. Auch um den Kund*innen einen modernen, interessanten, und attraktiven Laden zu bieten“, erklärt Helga Tewes, eine der GründerInnen vom Welt- und Regioladen Karibu. Der also nicht umsonst so heißt. Mit diesem Ansatz gehörte Karibu nach eigener Einschätzung zu den PionierInnen im Fairen Handel auf diesem Gebiet. Auch heute noch – siebzehn Jahre nach Vereins- und zwölf Jahre nach Ladengründung – ist Karibu darin ziemlich herausragend aus der Masse der rund 900 Weltläden in Deutschland. Geschäftsführer Christoph Elich beziffert den Anteil am Gesamtumsatz auf 25 Prozent, den die Regionalen ausmachen. – Inklusive Röstrausch-Kaffee, der den Regiokriterien (s.u.) jedoch nicht ganz entspricht, da die Rohstoffe nicht aus der Region sind. Den Regiokriterien in vollem Umfang entsprechen die im Laden erhältlichen Kräuter und Tees von Berglandkräuter aus Bebra, veganen Tomatenaufstrich und Nudeln aus der Kommune Niederkaufungen oder Linsen und Goldleinsamen aus Witzenhausen. Zu finden sind sie in einem eigens dafür bestückten Regioregal.
„Das erste „regionale“ Produkt war gleich der „Himmelsstürmer“, unser Kassel-Kaffee“, berichtete unlängst Tewes in einem Interview mit GEPA-Aktuell, der Publikation des Lieferanten GEPA. Geröstet von der Rösterei Röstrausch in Gudensberg. „Das ist nach wie vor ein Ankerprodukt und zugleich eine fast perfekte Verkörperung des Konzepts: ökologisch angebaut, fair gehandelt und lokal geröstet“, so Tewes heute dazu. „Fast“, denn der Rohkaffee von Inhaber Georg Ruhm kommt aus verschiedenen lateinamerikanischen, einigen afrikanischen Ländern (u.a. Honduras, Peru, Äthiopien) sowie dem asiatischen Indonesien und zum Teil über faire Importeure wie Mitka in Zusammenarbeit mit El Puente. Ansonsten kauft er flocert zertifizierten Kaffee ein (Zertifizierungsorganisation für FairTrade), bei denen die KaffeeanbauerInnen nach dem Fairtrade entlohnt werden und die auch weitere Kriterien (wie auch die Mitka) unterstützen, wie z.B. der Kinderarbeit entgegenzuwirken, die Finanzierung zu verbessern etc. Aber das nur nebenbei.
Generell bietet Karibu im Regio-Sortiment hauptsächlich Lebensmittel an. Und zwar ganz bewusst: „Viele kleine Produzent*innen im ländlichen Raum sind bei Verarbeitung, Vertrieb und Vermarktung so professionell geworden, dass für uns eine Zusammenarbeit einfacher geworden ist. Die Produkte haben konstant gute Qualität, sind lieferbar usw.“, berichtete die Karibu-Mitarbeiterin gegenüber der GEPA. Im Kunsthandwerk gestalte sich das schwieriger. Jedoch gibt es im Laden zum Beispiel auch regional produzierte Postkarten oder kurzfristig schon mal Produkte wie Häkelmützen und Täschchen.
Strenge Kriterien
Was der Laden an regionalen Artikeln anbietet, ist in Muss- und Soll-Kriterien streng umrissen. So muss die Verarbeitung in einem Umkreis von 100 km rund um Kassel erfolgen und der Lieferant, die Lieferantin muss dort seinen oder ihren Sitz haben. Die Mehrheit der Zutaten muss maximal aus 150 km Entfernung kommen. Bezugsquellen und Verarbeitung müssen transparent sein. Mitarbeiter*innen müssen fair entlohnt werden. Eventuelle Zutaten aus dem Ausland müssen bio- und oder fair zertifiziert sein. Bei den Soll-Kriterien geht es nach Tewes stark um ökologische Aspekte. „Die sind uns auch sehr wichtig. Aber wie im Fairen Handel ist da für kleine Produzenten oft nicht alles umsetzbar, oder eine Zertifizierung zu teuer“, stellt die Karibu-Mitarbeiterin in dem zitierten Interview fest.
„Bei den Kriterien für unsere regionalen Produkte haben wir uns in vielen Punkten an den Grundsätzen des Fairen Handels orientiert und diese an die regionalen Bedingungen angepasst. So geht es dabei vorrangig um die Förderung regionaler Kleinproduzent*innen, regionale Vermarktung, Nachhaltigkeit und Ökologie“, weiß Tewes. Um regionale Produkte ins Sortiment aufnehmen zu können, geht das Ladenteam meistens aktiv auf die Suche. „Wir kannten Projekte oder haben diese recherchiert, auf Märkten kennengelernt, oder eher selten haben sich Produzent*innen bei uns vorgestellt“, sagt sie. Georg Raum von Röstrausch kannten die frühen Karibus bereits in der Planungsphase. „Wir haben von Beginn an zusammengearbeitet und an einem gemeinsamen Produkt, dem Kassel-Kaffee, gearbeitet. Außerdem haben wir relativ zeitgleich unsere Geschäfte eröffnet“, so Tewes. Außerdem: „Wir machen unsere Suche nach regionalen Produkten nicht publik, da wir das Sortiment nicht wesentlich erweitern wollen.“ Gelegentlich falle aber ein Produkt oder eine Produzent*in aus. Dann sucht das Team nach einem Ersatzprodukt. Vorschläge dazu kommen von allen Karibus.
Die Kund*innen hatten von Anfang an einen ähnlichen Bedarf an regionalen Produkten wie das Karibu-Team. Das Prinzip des regionalen Konsums ist ihnen nach der Karibu-Gründerin ähnlich wichtig wie fair Gehandeltes. Auch sei es heute viel selbstverständlicher, regional, weil in der Regel nachhaltiger zu kaufen. Auch im Supermarkt. Und Tewes selbst? Ein Lieblingsprodukt habe sie nicht. „Aber ich kaufe regelmäßig von den regionalen Produkten Öl, Brotaufstrich und auch den Kaffee.“
Übrigens: Für das Handeln mit regionalen Produkten haben die Mitglieder des Weltladen Dachverbandes bereits 2010 eine Weltladen-Konvention beschlossen, nach der die Grenze für regionale Produkte im Sortiment bei 20 % liegt. Da der regional geröstete Kaffee von Röstrausch strenggenommen, nur teilweise darunterfällt, aber einen großen Teil des Regio-Umsatzes ausmacht, bewegt sich Karibu in dieser Hinsicht im Rahmen. „Der Weltladen-Dachverband ist das zentrale Netzwerk der Weltläden und Aktionsgruppen für Fairen Handel auf Bundesebene. Er ist als Verein organisiert und hat seine Geschäftsstelle in Mainz. Rund 480 der ca. 900 Weltläden in Deutschland sind Mitglied im Weltladen-Dachverband.“ (Quelle: Website) So auch Karibu. Die aktuelle Form der Konvention ist die überarbeitete von 2019.