Ob Kaffee, Tee oder Schokolade, der Anteil biologischer Lebensmittel im Fairen Handel ist hoch. In Deutschland liegt er nach Angaben einer Sprecherin vom bundesweiten Verband Forum Fairer Handel bei 80 Prozent. Bei uns im Laden sind es geschätzt 60-70 Prozent. Die Diskrepanz zwischen den beiden Angaben ergibt sich nach Geschäftsführer Christoph Elich daraus, dass wie Forum Fairer Handel auch schreibt, nicht alle Fairtrade Lebensmittel bio-zertifiziert sind, also kein Bio- Siegel haben. „Zweitens haben wir ein großes Regio-Lebensmittel Sortiment, in dem auch nicht alle Lebensmittel ein Bio Siegel haben.“ Hinzu kommen Produkte aus dem Kunsthandwerk wie Bettwäsche aus Bio-Baumwolle oder Ledertaschen, die bis hin zur Gerbung biologisch sind. Das macht insgesamt in Karibu einen Schnitt an Bio-Artikeln von über 50 Prozent. Dies liegt am Grundsatz 10 des Fairen Handels, sich für Umweltschutz und gegen den Klimawandel einzusetzen. Die Grundsätze stimmen überein mit den Nachhaltigkeitszielen (sustainability development goals, SDG) der UN, sprich der Internationalen Charta des Fairen Handels. Darin heißt es unter anderem:
Der Schutz der Umwelt und der langfristige Erhalt der natürlichen Ressourcen und Biodiversität sind wichtige Säulen des Fairen Handels. Ein umweltfreundliches Wirtschaften – einschließlich des Schutzes von Boden und Wasserressourcen und der Reduktion des Energieverbrauchs, des Ausstoßes von Treibhausgasen und der Produktion von Müll – liegt in der Verantwortung aller Akteure der Produktions-, Vertriebs- und Verbrauchskette.
Die gesamte Wertschöpfungskette sollte so aufgebaut sein, dass die tatsächlichen Kosten eines umweltverträglichen Wirtschaftens sich in den Preisen und Handelsbedingungen widerspiegeln. Kleinbäuer*innen sowie Handwerker*innen sind von den Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen und es ist wichtig, sie bei der Entwicklung und Finanzierung von Anpassungs- und Vorbeugungsstrategien zu unterstützen.
Nach Grundsätzen des fairen Handels
„Karibu ist Mitglied im Weltladen-Dachverband (das zentrale Netzwerk der Weltläden und Aktionsgruppen für Fairen Handel auf Bundesebene, d. Red.). Von dem her vertreten wir die Grundsätze des Dachverbandes, die mit den Grundsätzen des Fairen Handels korrelieren“, erklärt Scheerin Alou, ehemals Vorständin vom für Bildung und Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Verein Karibu e.V. sowie Teamerin von Karibu-Workshops, jetzt noch Ladenmitarbeiterin. Und Karibu-Geschäftsführer Christoph Elich bezieht Stellung: „Wir haben uns den Grundsätzen des Fairen Handels verschrieben und vertreiben daher auch Bio-Produkte. Die Bezeichnung „bio“ bei uns an den Regalen ist vonnöten, da unsere Kund*innen nicht wissen, dass in Fair Trade bio zumeist automatisch drin ist.“ Laut Elich kauft Karibu nur von Lieferanten, die vom Weltladen Dachverband anerkannt sind. Das heißt, diese sind den Kriterien des Fairen Handels ebenfalls verpflichtet.
Nach Alou vertreiben wir ausschließlich fair gehandelte Produkte mit Ausnahme sogenannter Ergänzungsprodukte, die nicht mehr als zwanzig Prozent am Gesamtumsatz ausmachen dürfen. Also Produkte aus sozial- und umweltverträglicher Herstellung, deren Hauptrohstoffe nicht von HandelspartnerInnen in Ländern des Südens stammen, wie z.B. Recyclingpapier. Dazu gehören auch unsere regionalen Produkte, für die wir eigene Kriterien definiert haben. „Regionale Produkte sind in unserem Sortiment, um ökologische Nachhaltigkeit zu fördern und heimische kleinbäuerliche Betrieb zu unterstützen“, begründet sie. Wenn Produkte bei uns im Laden nicht bio sind, dann liege das oft daran, dass die Kosten für die Bio-Zertifizierung sehr teuer sind, wissen Elich und Alou. Einige unserer Lieferanten haben bewusst darauf verzichtet. Dennoch sind sie dann ökologisch produziert wie zum Beispiel der Stadthonig von Victor Hernandez. Der hat die jährliche Kontrolle und die Kosten gescheut, da er sonst die Preise für sein Produkt deutlich teurer hätte machen müssen. Kostengründe sind es auch, warum es bei Karibu, obwohl sowohl in der Bio-Version als auch konventionell von Lieferant Weltpartner hergestellt, die Tartufi, handgemischte Schokoladentrüffel nur in letzterer Version zu kaufen sind. Macht für die Kund*innen einen Unterschied von 1 € weniger.
„Kooperativen erhalten oftmals eine Zusatzprämie für bio-zertifizierte Produkte,“ erläutert die heute noch ehrenamtlich Mitarbeitende Alou. Daher sei der Anreiz groß umzustellen. Dabei geht es nach ihren Worten zum Beispiel darum, Monokulturen zu vermeiden, den Einsatz von gesundheitsschädlichen- und umweltschädlichen Pestiziden zu verringern sowie Böden fruchtbar zu halten. Außerdem darum, Ernteerträge nachhaltig zu steigern.
Wenig Konkurrenz zu Bio-Handel
Was das Verhältnis des Weltladens zu den Kasseler Bio-Läden anbetrifft, besteht nach Auskunft des Geschäftsführers eine gewisse Konkurrenz. „Ich würde jedoch nicht behaupten, dass wir groß genug sind, dass beispielsweise ein Bio-Greger (Bio-Supermarkt im Stadtteil Bad Wilhelmshöhe, d. Red.) sich deswegen Sorgen macht.“ Außerdem unterschieden sich unsere Produkte zum Großteil doch sehr. Überschneidungen liegen demnach bei geschätzt maximal 20 Prozent, etwa bei Kaffee, Lemonaids und Weltpartner-Produkten. Manchmal wird der Hauptamtliche gefragt, wieviel Bio-Produkte wir haben. Dann weise er darauf hin, dass wir bio gekennzeichnet haben, der primäre Schwerpunkt aber fair trade ist. Sowie, dass wir 60-70 Prozent der Lebensmittel in Bio-Qualität anbieten. Beschwerden wegen eines mangelnden Bio-Angebots hat er sich jedoch noch nicht anhören müssen.
„Eigentlich reicht das Fair Trade-Siegel aus, um ein nachhaltig produziertes Produkt zu kaufen“, greift Elich den Faden noch einmal auf. „Wir nennen uns nicht Bio- sondern Fair Trade-Laden.“ An den Lieferanten sieht man, uns ist ökologisch und bio wichtig.“ Ausnahmen macht Karibu nach seinen Worten nur in Ausnahmefällen, nämlich, wenn wir Produzent*innen vertrauen können, dass Bio-Kriterien erfüllt sind. So zum Beispiel auch beim „Honig aus Nordhessen“ der Familie Fraij. Alle anderen Bio-Produkte sind selbstverständlich neben den kleinen grünen Schildchen mit der Aufschrift „bio“ an unseren Regalen und an den bekannten Bio-Siegeln zu erkennen. Nämlich überwiegend dem aus Sternen bestehenden weißen Blatt auf grünem Grund (EU-Bio-Logo) und dem sechseckigen weißen Bio-Siegel (deutsches staatliches Bio-Siegel).
„Die meisten fairen Siegel (GEPA, WFTO, El Puente etc.) priorisieren soziale Kriterien,“ legt Alou dar. So ist es Ziel des fairen Handels, die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinbäuer*innen, Kleinproduzent*innen und Arbeiter*innen nachhaltig zu verbessern, bringt es der „Kompass Fairer Handel: Die häufigsten 10 Fragen über Fairen Handel“ des Forums Fairer Handel auf den Punkt. Ökologische Nachhaltigkeit sei aber, fährt die Ehrenamtliche fort, im fairen Handel nicht mehr wegzudenken. „Von dem her kommt es hier – was die Siegel anbetrifft – eher auf die Produkte an,“ erklärt sie weiter. Kakao und Kaffee werden auch im Fairen Handel zu sehr großen Teilen ökologisch nachhaltig angebaut. Siegel, die in unterschiedlicher Gewichtung sowohl ökologisch als auch fair kennzeichnen, sind zum Beispiel GOTS und der grüne Knopf für Textilien und naturland fair, Rapunzel – hand in hand sowie die – allerdings in die Kritik geratene – Rainforest Alliance für Lebensmittel.
Abschließend kann festgehalten werden, was das Forum Fairer Handel in der genannten Publikation von 2024 so ausdrückt: Fair und Bio sind unterschiedliche Konzepte: Bio-Produkte erfüllen vor allem ökologische Standards, während der Faire Handel vor allem Sozialstandards voraussetzt. Trotzdem gehört Umweltschutz zur fairen Wirtschaftsweise dazu und viele fair gehandelte Produkte sind gleichzeitig auch bio. Der Faire Handel fördert darüber hinaus häufig die Umstellung auf Bio-Landwirtschaft und Produzent*innen erhalten für Bioprodukte einen Zuschlag.